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Erklärung – Zahl der gegen COVID-19 geimpften Europäer nun größer als die Zahl der Infizierten

Erklärung von Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa

Während ich heute zu Ihnen spreche, möchte ich allen Familien, die von dieser Pandemie betroffen sind, mein herzlichstes Beileid aussprechen. Unsere Gedanken und Gebete sind bei Ihnen und insbesondere bei den Menschen in Indien und ihrem Kampf gegen den derzeitigen entsetzlichen plötzlichen Anstieg der COVID-19-Fallzahlen. Ich fordere die Länder der Europäischen Region der WHO nachdrücklich dazu auf, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um Indien in diesem Kampf zu unterstützen, und möchte all jenen danken, die bereits geholfen haben.

Hier in der Europäischen Region sind mittlerweile 462 Tage vergangen, seit die ersten COVID-19-Fälle gemeldet wurden. Ausgehend von der Zahl der bestätigten Fälle haben mittlerweile 5,5% der gesamten europäischen Bevölkerung eine COVID-19-Infektion durchlebt, während 7% bereits vollständig gegen COVID-19 geimpft wurden.

Doch auch wenn die Zahl der neuen Fälle, der Krankenhauseinweisungen und der Todesfälle zurückgeht, bleibt die Bedrohung weiterhin bestehen. Das Virus hat noch immer das Potenzial, uns verheerenden Schaden zuzufügen. Tatsächlich wurde der WHO nahezu die Hälfte aller seit Januar letzten Jahres in der Region gemeldeten COVID-19-Infektionen während der ersten vier Monate dieses Jahres gemeldet.

Zum ersten Mal seit zwei Monaten ist die Zahl der neuen Fälle in der letzten Woche erheblich gesunken. Und dennoch sind die Infektionsraten in der gesamten Region weiterhin extrem hoch.

In den meisten Ländern bilden die von Einzelnen und der Gesellschaft als Ganzes ergriffenen Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und die sozialen Maßnahmen weiterhin die dominanten Elemente im Kampf gegen die Pandemie.

Entscheidend ist auch, dass die nationalen Regierungen in der Region langsam aber sicher jene schützen, die am stärksten durch einen schweren Krankheitsverlauf und durch Tod infolge einer Impfung gefährdet sind. Gegenwärtig wurden bislang rund 215 Mio. Impfdosen verabreicht. Etwa 16% der Bevölkerung in der Europäischen Region haben bereits eine erste Impfdosis erhalten, unter den Gesundheitsfachkräften in 28 Ländern der Region sind es bereits 81%.

Wo die Impfraten in den Hochrisikogruppen am höchsten sind, geht die Zahl der Krankenhauseinweisungen zurück und die Todesraten sinken. Impfstoffe retten Leben, und sie werden den Verlauf dieser Pandemie verändern und letztendlich zu ihrer Beendigung beitragen.

Darüber hinaus müssen wir uns jedoch der Tatsache bewusst sein, dass Impfstoffe allein die Pandemie nicht beenden werden. Ohne die Aufklärung und Einbeziehung der Gemeinschaften bleiben diese dem Virus weiterhin ausgesetzt. Ohne eine epidemiologische Überwachung können wir neue Varianten nicht identifizieren. Und ohne die Ermittlung von Kontaktpersonen sind die Regierungen möglicherweise gezwungen, erneut Beschränkungen zu verhängen.

Jedes Jahr machen wir im Rahmen der Europäischen Impfwoche darauf aufmerksam, dass Impfstoffe uns seit über 200 Jahren vor lebensbedrohlichen Krankheiten schützen. Heutzutage schützen sie uns vor mehr als 20 Krankheiten, von einer Lungenentzündung bis hin zu Gebärmutterhalskrebs, und jetzt auch vor COVID-19.

Im Kontext der Pandemie ist es eine Kombination aus Impfstoffen und energischen Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit, die uns den deutlichsten Pfad zurück zur Normalität weisen. Impfstoffe bringen uns näher – sie bringen uns dem Ende dieser Pandemie, der Eradikation von Polio, der Eliminierung von Masern, Gebärmutterhalskrebs und anderen impfpräventablen Krankheiten und einer Welt ohne die Gefahr durch Antibiotikaresistenzen näher.

Die Tatsache, dass die Länder der Europäischen Region im Durchschnitt 96% aller Kinder, die laut Impfplan im Jahr 2019 ihre erste Dosis der Masernimpfung erhalten sollten, tatsächlich erreicht haben, ist Beweis für das Engagement der Regierungen in der Region für eine Eliminierung der Masern. Jetzt bedürfen wir des gleichen Engagements für Impfungen gegen das SARS-CoV-2-Virus.

Meine Botschaft am heutigen Tage geht über COVID-19 hinaus.

2019 erlebten wir die Folgen der stockenden Impfraten der vorangegangenen Jahre in Form von mehr als 100 000 Masernfällen. Und wenn routinemäßige Impfleistungen vorübergehend unterbrochen sind – wie das vor genau einem Jahr in sechs Ländern der Region, die besonders hart von der Pandemie getroffen wurden, der Fall war –, kann eine derartige Unterbrechung später durchaus zu Ausbrüchen von Infektionskrankheiten führen.

Hart erkämpfte Erfolge können schnell schwinden. Daher fordere ich Sie nachdrücklich dazu auf, auf die Aufrechterhaltung hoher Durchimpfungsraten bei Routineimpfungen in der Region zu drängen. Wir dürfen bei der Verhinderung impfpräventabler Krankheiten nicht locker lassen. Wenn wir die Oberhand behalten wollen, müssen die Gesundheitssysteme auch während der Bemühungen um die Bewältigung der Pandemie weiterhin grundlegende Leistungen der primären Gesundheitsversorgung, einschließlich Routineimpfungen, anbieten.

Erneut sind Impfstoffe im Begriff, den Lauf der Geschichte zu verändern – dies wird jedoch nur gelingen, wenn wir uns verantwortungsbewusst verhalten und uns impfen lassen, sobald wir dazu Gelegenheit erhalten.

Impfstoffe helfen uns nicht weiter, wenn sie in Kälteräumen auf den Regalen liegen bleiben, doch sie retten Leben, wenn sie Menschen in den Arm gespritzt werden. Letztendlich liegt es an uns, den Menschen, denen sie verabreicht werden, ihre Wirksamkeit für das Wohl aller voll auszuschöpfen.

Vielen Dank.

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