Cancer

Bis zu einem Viertel aller Europäer wird an Krebs erkranken

Jedes Jahr werden in der Europäischen Region der WHO 4,6 Mio. neue Krebsfälle diagnostiziert und sterben 2,1 Mio. Menschen infolge einer Krebserkrankung. 20% dieser Todesfälle sind auf Lungenkrebs zurückzuführen, gefolgt von Darmkrebs (12%), Brustkrebs (7%), Bauchspeicheldrüsenkrebs (6%) und Magenkrebs (5,7%).

„Wir sind alle von Krebs betroffen, entweder unmittelbar oder durch die Erfahrungen von Freunden und Familienangehörigen. In der gesamten Europäischen Region der WHO können wir deutlich mehr tun, um Krebserkrankungen zu verhindern und Patienten besser zu versorgen“, erklärt Dr. Hans Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa.

„Wir wissen zum Beispiel, dass jedes Jahr 28 000 Frauen in der Region an Gebärmutterhalskrebs sterben. Der heute veröffentlichte Krebsbericht verdeutlicht, dass unsere Region in Bezug auf Vorsorgeuntersuchungen auf Gebärmutterhalskrebs – dem derzeit wirkungsvollsten Programm zur Krebsvorsorge – anderen Regionen der WHO hinterherhinkt. Mit entsprechenden Vorsorgeuntersuchungen und der Impfung gegen das humane Papillomavirus sind die meisten dieser Todesfälle vermeidbar. Ich setze mich mit Nachdruck für eine patientenorientierte Krebsprävention und Krebsversorgung in der gesamten Europäischen Region der WHO ein – am heutigen Weltkrebstag wie an jedem anderen Tag“, fügt Dr. Kluge hinzu.

Innerhalb der Europäischen Region gibt es deutliche Unterschiede hinsichtlich des Risikos einer Einzelperson, im Laufe ihres Lebens an Krebs zu erkranken: im westlichen Teil der Europäischen Region liegt das Risiko bei über 25%, in den Ländern Osteuropas liegt es zwischen 19% und 25%, und in den zentralasiatischen Ländern zwischen 10% und 19%.

Dagegen liegt das Risiko, an einer Krebserkrankung zu sterben, in den Ländern Osteuropas und Zentralasiens bei über 12%, während es in Westeuropa mit Werten zwischen 9% und 12% geringer ausfällt. Die höheren Todesraten sind durch zwei Faktoren bedingt: eine späte Diagnose und eine suboptimale Behandlung. Beide Faktoren verringern die Chancen auf Heilung oder das langfristige Überleben erheblich.

Um dieses Problem anzugehen, bietet das WHO-Regionalbüro für Europa in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Krebsforschungszentrum der WHO (IARC), der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) und anderen Partnerorganisationen den Ländern Unterstützung und Orientierungshilfe an.

Prävention

Tabak- und Alkoholkonsum sind die wichtigsten beeinflussbaren Risikofaktoren für Krebs in der Europäischen Region der WHO. Bis zu 85% der Todesfälle infolge von Lungenkrebs und 15% der Todesfälle infolge von Magenkrebs sind auf Tabakkonsum zurückzuführen. Das Risiko für Lungen-, Darm-, Magen-, Brust- und Bauchspeicheldrüsenkrebs steigt deutlich mit dem Alkoholkonsum.

Zu den weiteren beachtenswerten Risikofaktoren zählen Adipositas, ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel. Im Vergleich dazu haben Luftverschmutzung und die Nutzung von Chemikalien in der Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion geringere Auswirkungen.

Manche Krebsformen können durch Impfmaßnahmen verhindert werden. Ohne Impfung werden 80% aller Frauen und Männer im Laufe ihres Lebens mit dem HPV infiziert, meist vor dem Alter von 25 Jahren. Die HPV-Impfung ist in hohem Maße sicher und verhindert wirksam die Übertragung der HPV-Stämme, die für Gebärmutterhalskrebs, aber auch für Karzinome an Vulva, Scheide, Penis, Anus sowie Mund und Rachen verantwortlich sind.

Hepatitis B, eine potenziell lebensbedrohliche Leberinfektion, die vom Hepatitis-B-Virus verursacht wird, stellt weltweit eine erhebliche Bedrohung für die öffentliche Gesundheit dar. Sie kann eine chronische Leberentzündung verursachen und bedeutet ein erhöhtes Sterberisiko aufgrund von Leberzirrhose und Leberkrebs. Die Impfung gegen Hepatitis B bietet einen 98- bis 100-prozentigen Schutz gegen das Virus.

Frühzeitige Diagnose und Vorsorgeuntersuchung

Wie in dem vor kurzem von der WHO veröffentlichten Leitfaden für die Frühdiagnose von Krebs erläutert, kann eine Stärkung der Gesundheitssysteme zum Zwecke der Sicherstellung einer frühzeitigen Entdeckung und Diagnose symptomatischer Krebserkrankungen erheblich dazu beitragen, die gesundheitlichen Resultate für die meisten Arten von Krebs zu verbessern.

Ein weiteres Mittel zur Früherkennung von Krebs sind Vorsorgeuntersuchungen; sie haben sich bei sorgfältiger Vorbereitung und Überwachung als wirksam in Bezug auf Gebärmutterhals-, Brust- und Darmkrebs erwiesen. Am wirksamsten gemessen an gesundheitlichen Resultaten und Kosten ist eine Vorsorgeuntersuchung bei Gebärmutterhalskrebs. Sie gehört zu den vielversprechendsten Optionen der WHO für die Bewältigung nichtübertragbarer Krankheiten.

Doch einige andere Programme für Krebsvorsorgeuntersuchungen in den Ländern der Europäischen Region richten mehr Schaden als Gutes an und verschlingen ohnehin begrenzte Ressourcen – ohne spürbare positive Auswirkungen auf die Resultate. Das Schaden-Nutzen-Verhältnis ist je nach Krebsart und Land unterschiedlich.

So werden in manchen Ländern Frauen zu Vorsorgeuntersuchungen für Brustkrebs aufgefordert, doch die Diagnose bzw. Behandlung ist nicht leicht zugänglich oder nur von schlechter Qualität. Für die Mehrheit der Frauen in diesen Ländern kann eine solche Untersuchung eher schädlich als nützlich sein, und ein Programm zur Frühdiagnose könnte der bessere Weg sein.

Frühdiagnoseprogramme verringern den Anteil der verspäteten Krebsdiagnosen; dies ist auf Verbesserungen in vielen Bereichen zurückzuführen: vom Wissen der Allgemeinärzte über Krebssymptome und den geltenden Überweisungsverfahren über die Bezahlbarkeit und Effizienz von Diagnose und Behandlung bis zur Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung.

Für den 11. und 12. Februar 2020 hat das WHO-Regionalbüro für Europa politische Entscheidungsträger, Sachverständige sowie Vertreter von WHO-Kooperationszentren und nichtstaatlichen Akteuren zu einer Konferenz in Kopenhagen zum Thema Vorsorgeuntersuchungen eingeladen. Ihr übergeordnetes Ziel besteht darin, die Wirksamkeit von Vorsorgeuntersuchungsprogrammen in der Europäischen Region zu erhöhen und dabei ihren Nutzen zu maximieren und die Schäden zu minimieren. Auf der Konferenz wird ein Leitfaden des Regionalbüros für Vorsorgeuntersuchungen veröffentlicht.

Palliativversorgung

Eine wirksame Palliativversorgung, die gewährleistet, dass Krebspatienten ihre letzten Tage und Wochen in Würde und mit möglichst wenig Schmerzen erleben, ist ein bisher vernachlässigter Bereich der Krebsversorgung. Unglücklicherweise sterben in der Europäischen Region viele an Krebs erkrankte Personen ohne einen ausreichenden Zugang zu symptomlindernden Maßnahmen, obwohl diese bezahlbar wären.

Innerhalb der Region ist der Verbrauch von Opioiden zur Schmerzlinderung in den Ländern Osteuropas und Zentralasiens um ein Zehn- bis Hundertfaches niedriger als in westeuropäischen Ländern, was oft durch eine allzu strikte Regulierung solcher Medikamente bedingt ist.

Zu einer minderwertigen Palliativversorgung können zahlreiche Faktoren beitragen, darunter eine unzureichende Sensibilisierung und Schulung von Ärzten und anderen Gesundheitsfachkräften, ein fehlender Zugang zu Opioiden und ein begrenztes Interesse der Politik.

Die Verbesserung der Palliativversorgung gehört ebenfalls zu den vielversprechendsten Optionen der WHO für die Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten. Länder, die in die Palliativversorgung investieren, verbessern die Lebensqualität der Patienten und senken die Kosten der Krebsbehandlung in den letzten Lebenswochen beträchtlich.

In jeder Phase der Krebsversorgung kann und muss mehr getan werden: durch Prävention mittels Verringerung der Exposition gegenüber den wichtigsten Risikofaktoren für Krebs sowie die Bekämpfung von Krebs durch Impfmaßnahmen; durch wirksame Vorsorgeuntersuchungsprogramme, falls sinnvoll; durch eine für alle zugängliche Behandlung nach Maßgabe bewährter Protokolle; und durch eine Palliativversorgung, die den Patienten ein würdiges Lebensende mit einer Linderung ihrer Schmerzen ermöglicht.

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